Pressemitteilung

Kulturelle Goldmedaille geht nach Zell im Wiesental


In einer Feierstunde des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg verlieh Staatssekretär Arne Braun in der vergangenen Woche in Biberach den mit 5.000 Euro dotierten Siegerpreis für Heimatforschung. Gewonnen hat Uli Merkle aus Zell im Wiesental mit dem Buch "Ein schwarzes Loch in brauner Zeit". Eine hochkarätig besetzte Fachjury erkor aus 118 Einsendungen das im Eigenverlag des Verfassers erschienene Buch zur besten Leistung 2023.

Uli Merkle (links) bei der Preisverleihung mit Staatssekretär Arne Braun

Hervorgehoben werden die klare Darstellung und Sprache sowie die immense Arbeit beim Ermitteln von Zeitzeugen, privat zur Verfügung gestellten Dokumenten und seltenen Fotografien. Uli Merkle hat Recherchen in Archiven und an Orten im In- und Ausland angestellt, um Informationen über die Lebensgeschichten von Menschen aus Zell zu sammeln.

Prämiertes Buch "Ein schwarzes Loch in brauner Zeit"

Merkle beschränkt sich in seinem 346 Seiten umfassenden Buch nicht allein auf die Jahre 1933 bis 1945. Durch die Einbeziehung der Vorgeschichte, die Merkle 1914 einsetzen lässt, zeigt er, wie übersteigerter Nationalismus und politische Engstirnigkeit sich schon in der Weimarer Zeit entfalten – und auch bei Kriegsende 1945 nicht schlagartig verschwinden. Mit vielen Beispielen belegt Merkle den langen Nachhall der NS-Zeit bis in die 1970er Jahre hinein.

Videobeitrag von Uli Merkle bei der Preisverleihung

Das Buch lädt zum kapitelweise Schmökern ein und fördert erstaunliche Fakten zutage. So zählt Zell mit damals knapp 3.700 Einwohnern über hundert Vereine, die jedoch untereinander kaum Kontakt pflegen. Selbst Sport- und Musikvereine grenzen sich oft streng nach Konfession oder politischer Ausrichtung ab und tragen zur Spaltung der Gesellschaft bei. Neben diesen Gruppen widmet sich Merkle ausführlich den Themen Alltagsleben, Machtübernahme, Gleichschaltung, Parteifunktionäre, Regimegegner, Verfolgte, Gewerbe, Industrie, Fremdenverkehr, Kriegswirtschaft, Zwangsarbeiter und Künstler – als maßgebliche "Erfinder" der Fasnacht. Dass viele der damals volljährigen Einwohnerinnen und Einwohner aus Zell im Rückblick vor allem die französische Besatzung als Unrechtsregime und schlimmste Periode der Stadtgeschichte in Erinnerung behalten haben – und nicht etwa die Diktatur – ist nur eine der vielen lesenswerten Erkenntnisse des Buches.