Pressemitteilung

Windkraftanlagen auf dem Rohrenkopf genehmigt


Am 2. November hat das Landratsamt Lörrach den Antrag der Bürgerwind Entwicklungs-GmbH & Co. KG, Schönau, zum Bau und Betrieb von fünf Windkraftanlagen auf dem Rohrenkopf genehmigt. Die Anlagen mit einer Nabenhöhe von 149 Metern und einer Gesamthöhe von 206 Metern haben eine installierte Leistung von insgesamt 15 Megawatt und sollen nördlich von Gersbach im Waldgebiet Rohrenkopf erstellt werden. „Das Verfahren war enorm aufwändig, nicht zuletzt wegen des großen Interesses der Öffentlichkeit  und der Begleitung durch eine Bürgerinitiative in Gersbach, die ihre Anliegen gut organisiert und kompetent eingebracht hat“, betont Ulrich Hoehler, Erster Landesbeamter und Leiter des Dezernats Mobilität, Umwelt und Strukturpolitik.

Im Zuge des Verfahrens nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz fand eine Vielzahl von öffentlichen Informationsveranstaltungen statt. Das Landratsamt nahm an mehreren Gemeinderats- und Ortschaftsratssitzungen  in Schopfheim und Gersbach teil, um über die Sach- und Rechtslage  intensiv zu informieren. In den Informationsveranstaltungen wurden das Landratsamt, die Stadt Schopfheim und die Gemeinde Hasel von dem professionellen Mediations- und Moderationsteam EWEN aus Darmstadt unterstützt. Im Zuge eines vom Bund geförderten Forschungsprojekts „Neue Wege der Öffentlichkeitsbeteiligung –Konfliktmanagement“ hatte das Team EWEN wegen der zu erwartenden Konfliktlage den Windkraftstandort Gersbach ausgewählt. Das Team moderierte professionell und stellte darüber hinaus aufwändig erstellte audiovisuelle Simulationen bereit, um zu den geplanten Anlagen realistische Sicht- und Höreindrücke zu geben. Die Stadt Schopfheim ist zum einem als Standortgemeinde in das Projekt involviert, zum anderen wegen der aktuell laufenden Flächennutzungsplanung Windkraft. Auch auf der Gemarkung der Nachbargemeinde Hasel existieren Windkraftplanung.

„Das Landratsamt als Genehmigungsbehörde hat viel Verständnis für die Sorgen und Befürchtungen der betroffenen Bürgerinnen und Bürger in und um Gersbach. Wir haben uns deshalb gemeinsam mit dem Team EWEN bemüht, um in der zum Teil auch emotionalen Diskussion zu informieren und Fakten darzulegen sowie Ängste und Befürchtungen auszuräumen“, so Ulrich Hoehler. Er könne auch nachvollziehen, dass sich Menschen durch die Windkraftanlagen beeinträchtigt fühlen. „Als Behörde haben wir letztlich auf der Basis von Daten und Fakten zu entscheiden und  bestimmte Belange gegeneinander abzuwägen.“ Ein Antragsteller hat nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz einen Anspruch auf Erteilung einer beantragten Genehmigung, wenn öffentlich-rechtliche Vorschriften und Belange Dritter nicht entgegenstehen“.

Hintergrund

Lärm / Schattenwurf durch die Windkraftanlagen


Von vielen Gersbachern wurden Befürchtungen geäußert, dass es zu schädlichem Lärm – vor allem nachts – und zu Schattenwurf durch die Anlagen / die drehenden Rotorblätter kommen würde. Die entsprechenden Gutachten belegen allerdings eindeutig, dass die nach den gesetzlichen Vorgaben zulässigen Werte  zum Teil deutlich unterschritten werden. Versagungsgründe für eine Genehmigung sind daraus also nicht abzuleiten.

Infraschall:


Der für das menschliche Gehör nicht wahrnehmbare, tieffrequente Schall hat, so aktuelle Untersuchungen des Landes Baden-Württemberg, bei Einhaltung der Vorsorgeabstände keine negativen Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit. Die Menschen sind im Siedlungsbereich somit keinerlei Gefahren ausgesetzt.


Naturschutz / Landschaftsbild / Tourismus:


Dass Tourismus durch Windkraftanlagen negativ beeinflusst wird, lässt sich durch belastbare Untersuchungen nicht bestätigen, insofern war diesem Aspekt keine Bedeutung zuzumessen.  Dass der  Bau der Anlagen  allerdings  einen  erheblichen naturschutzrechtlichen  Eingriff darstellt, ist unbestritten. Insofern wurden dem Antragsteller  umfangreiche Naturschutz- und Landschaftspflegemaßnahmen als Ausgleich auferlegt. Ebenso erheblich ist der Eingriff in das das Landschaftsbild. Dieser kann im konkreten Fall allerdings weder minimiert noch kompensiert werden. Deshalb, so die Entscheidung des Landratsamtes,  hat der Antragsteller nach entsprechenden gesetzlichen Vorgaben des Landes  Baden-Württemberg eine erhebliche Summe an die Stiftung Naturschutzfond Baden-Württemberg als Ersatzzahlung zu leisten. Mit solchen  Mitteln werden regelmäßig Natur- und Artenschutzmaßnahmen im Land gefördert.

Artenschutz:


Im Wesentlichen ging es um besonders und streng geschützte Arten, die im Bereich Gersbach / Rohrenkopf vorkommen. Im Vordergrund standen Fledermäuse und Rot- bzw. Schwarzmilan. Über umfangreiche Begutachtung konnte belegt werden, dass durch den Bau und Betrieb der Anlagen keine signifikante Erhöhung des Verletzungs- und Tötungsrisikos für die Arten verbunden ist. Für die Fledermäuse wurde zusätzlich ein Monitoring festgelegt, um eventuell in Zukunft notwendige Abschaltzeiten fixieren zu können. Für weitere relevante Arten wie Waldschnepfe oder Haselmaus wurden dem Antragsteller umfangreiche Vermeidungs-/Minimierungs- und Kompensationsmaßnahmen auferlegt.

Wasserversorgung / Quellschutz:


Dieser Aspekt ist von besonderer Bedeutung, da die Quellen und deren Einzugsbereich im Gebiet Rohrenkopf für die öffentliche und private Wasserversorgung von Gersbach / Schopfheim eine maßgebliche Rolle spielen. Dem Antragsteller wurde deshalb auferlegt, vor Baubeginn eine hydrologische/hydrogeologische Begutachtung vorzulegen, die eindeutig belegt, dass keine Beeinträchtigungen durch den Bau der Windkraftanlagen zu besorgen sind. Andernfalls wird die Genehmigung nicht rechtswirksam, es kann also nicht gebaut werden.