Pressemitteilung

Wege aus den Parallelgesellschaften


Unter dem Motto „Soziale Vielfalt als Chance“ erkundigte sich Landrätin Marion Dammann vergangenen Freitag gemeinsam mit Medienvertretern über soziale Projekte in der Region, die Integration und Inklusion verschiedener gesellschaftlicher Gruppen zum Ziel haben. Thematisiert wurde dabei auch, dass es auf dem Weg zu einer von Vielfalt und Austausch geprägten Gemeinschaft noch viel zu tun gibt. Mit dabei waren Vertreter des seit März gestarteten „Netzwerks Inklusion“, das die Aufgabe hat, Chancen für Menschen mit Behinderung in allen Lebensbereichen aufzutun und zu fördern. Dabei geht es nicht nur um räumliche Hindernisse etwa für Rollstuhlfahrer, sondern auch darum „die Barrieren im Kopf der Menschen zu beseitigen“, so die Landrätin.
 
Möglichkeiten für ein „Miteinander statt nebeneinander“ zeigte zum Beispiel das gleichnamige Kooperationsprojekt von St. Josefshaus und Caritas Rheinfelden auf, bei dem Senioren, Menschen mit Behinderung und Schülerinnen der Schillerschule zusammen kommen, um einen Kaffeeklatsch zu halten, sich in Brettspielen zu messen, zu Basteln oder zum Geschichtenvorlesen. Was aus einem Versuch entstanden ist, hat sich inzwischen zu einem regelmäßigen Treffen entwickelt.
 
"Inklusion heißt nicht, an institutionelle Gegebenheiten gebunden zu sein, sondern die Vielfalt von Möglichkeiten eines Sozialraumes zu nutzen", erklärte Birgit Ackermann, Vorstand des St. Josefshauses. Genau diese Grenzen werden mit dem Projekt „Integriertes persönliches Budget“ überwunden, bei dem die Bewohner der Außenstelle in der Rheinfelder Innenstadt sich einmal im Monat eine Freizeitaktivität nur für sich aussuchen und dafür mit einem Betreuer oder einem Ehrenamtlichen „auf Tour“ gehen dürfen. Das können Kinobesuche, ein Einkaufsbummel in Lörrach, die Fahrt zu einem Freund, Kuchenessen im Elsass oder auch mal ein Helene Fischer-Konzert sein. „Sie mussten zunächst erst einmal lernen, dass sie freie Wahl haben und selbst entscheiden dürfen“, berichtete Christoph Siebold, Leiter der Wohnverbünde des St. Josefshauses.
 
Um Inklusion im weiteren Sinne geht es auch im Mehrgenerationenhaus in Weil-Friedlingen. In dem Begegnungszentrum liegt der Schwerpunkt der Unterstützung zu mehr Selbstständigkeit allerdings weniger bei behinderten Menschen. Hier stehen vor allem junge alleinerziehende Mütter im Mittelpunkt, Menschen mit sprachlichen Problemen aufgrund ihres Migrationshintergrunds oder Senioren ohne Familienanschluss. „Dieses Haus ist eine wichtige Anlaufstelle für alle möglichen Fragen und Sorgen, da die Menschen hier keine Hemmschwelle zu überwinden haben“, berichtete Michael Schmitt-Mittermaier, Geschäftsführer des Diakonischen Werks Lörrach.
 
Neben Seniorentreffen, Vorträgen zu unterschiedlichen Themen, PC-Kursen für Ältere, einem internationalen Frauencafé zur Sprachförderung oder einem Lehrangebot zur gesunden Frühstückszubereitung ist das Projekt OMA eine zentrale Hilfeleistung des Hauses. Die „Organisation für Mütter in der Arbeitswelt“ bezeichnet sich als Dienstleistungsagentur. Junge Mütter und Migrantinnen finden hier eine Beschäftigung in festen Einrichtungen wie der Bügelstube, der „Haushaltsfee“ oder der Nachbarschaftshilfe, während sie ihren Nachwuchs in der hauseigenen Kinderkrippe gut untergebracht wissen. Mit der Tätigkeit als „Haushaltsfee“ oder in der Bügelstube besteht die Möglichkeit, schrittweise einen Weg in die Arbeitswelt zu finden. Das Eingebundensein in eine Gemeinschaft von Gleichgesinnten kann außerdem Orientierung für ein selbständiges Leben bieten.
 
Es gibt viele Formen der gesellschaftlichen Benachteiligung. Die Sozialstrategie des Landkreises Lörrach hat neben zahlreichen weiteren das Ziel, benachteiligten Menschen die Teilhabe am normalen Gemeinschaftsleben zu ermöglichen. Eine der Voraussetzungen dafür ist zum Beispiel, dass Arbeitgeber sich dafür öffnen. Es geht aber noch viel weiter, nämlich ein Bewusstsein dafür zu schaffen, nicht nur die Schwächen der Menschen zu sehen. „Stärken stärken“ lautet das Motto, wie Bernd Winter vom Netzwerk Inklusion betonte. Inklusion ist laut einer Definition der „Aktion Mensch“ dann gelungen, wenn jeder von der Gesellschaft akzeptiert ist, genau so, wie er ist, „weil Unterschiede normal sind“.