Pressemitteilung

Wie Behörden bei Zwangsverheiratung helfen können


Zwangsehen sind auch im Landkreis Lörrach keine Einzelfälle, sondern eine Realität, mit der auch Behörden immer wieder konfrontiert werden. „Zwangsverheiratung erkennen – richtig handeln“ lautete der Titel eines eintägigen Workshops für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Öffentlichen Dienstes, den die Frauenrechtsorganisation Terre des Femmes zusammen mit der Fachstelle für Chancengleichheit des Landratsamts vergangene Woche durchgeführt hat.
 
„Auch hier im Landkreis sind immer wieder Mädchen und junge Frauen betroffen. Es ist deshalb wichtig, dass unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter das nötige Hintergrundwissen haben, um richtig reagieren zu können“, begründet Gisela Schleidt, Leiterin der Fachstelle für Chancengleichheit, die eher ungewöhnliche Veranstaltung. Mehr als zwanzig Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus verschiedenen Bereichen des Landkreises wie dem Fachbereich Jugend und Familie, Standesämtern, Jobcenter und Agentur für Arbeit sowie der Psychologischen Beratungsstelle informierten sich über das Thema. Fast die Hälfte der Behördenmitarbeiter hatte im Berufsalltag bereits mit Betroffenen von Zwangsverheiratung zu tun.
 
Psychologin und Terres des Femmes-Expertin Collin Schubert sowie Sozialpädagogin Leyla Süngerli-Uzun vom Kinderschutzzentrum Stuttgart gaben konkrete Einblicke in die Lebenswirklichkeit betroffener Mädchen und junger Frauen. „Es ist Ausdruck einer sehr patriarchalen Familienstruktur, in der Mädchen und ihr Leben nicht selbst, sondern nach dem Willen der Eltern oder der Großfamilie gestalten sollen“, erklärt Schleidt. Gemeinsam wurde an praktischen Fallbeispielen herausgearbeitet, wie entsprechende Beratungsangebote anzupassen sind, um von den betroffenen Frauen auch angenommen zu werden.
 
Alle Beteiligten waren sich darin einig, die einzelnen Anlaufstellen und Behörden in Zukunft besser vernetzen zu müssen, um effektiv gegen Zwangsehen vorgehen zu können. Wichtige Leitlinie dabei war, nicht als Kontrollinstanz aufzutreten, sondern als Anlaufstelle für schwierige Lebenslagen gesehen zu werden wenn die Zielgruppe erreicht werden soll. Der Workshop, so die Hoffnung der Teilnehmer, soll ein erster Schritt sein, dem Thema Zwangsverheiratung offensiv entgegenzutreten.
 
Die von Terre des Femmes konzipierte und vom Ministerium für Integration Baden-Württemberg geförderten Workshops wollen für das Thema sensibilisieren und Handlungsmöglichkeiten für Behörden aufzeigen. Sie finden noch bis Anfang des nächsten Jahres in zehn weiteren Städten des Landes statt. Terre des Femmes setzt sich bereits seit Anfang der 1980er Jahre als gemeinnütziger Verein weltweit für die Rechte und die Selbstbestimmung von Frauen ein.