Pressemitteilung

Sanierung der Kesslergrube in Grenzach-Wyhlen


Die Kesslergrube muss saniert werden. Umfangreiche Untersuchungen haben dies ergeben. Die Altlastenbewertungskommission des Landes hat im März 2013, nachdem die Firmen Roche und BASF die Ergebnisse verschiedener Sanierungsvarianten vorgestellt haben, entschieden, dass die von Roche freiwillig gewählte Variante Aushub, aber auch die von BASF favorisierte Variante Einkapselung geeignet und damit genehmigungsfähig sind. Die Einkapselungsvariante stößt in der Öffentlichkeit auf deutliche Kritik. Ein deshalb in Auftrag gegebenes Gutachten zur Überprüfung der Nachhaltigkeit zeigt für die Varianten Aushub und Einkapselung wesentliche Aspekte der Nachhaltigkeit.
 
 
Die Altlast / Rückblick
 
Die Altablagerung Kesslergrube befindet sich im Ortsteil Grenzach der Gemeinde Grenzach-Wyhlen auf dem heutigen Werksgelände der BASF Grenzach GmbH. Bei der Kesslergrube handelt es sich um eine Kiesgrube, die zwischen 1913 und 1969 angelegt und betrieben wurde. In den 1950er Jahren erfolgte fast zeitgleich, also parallel bis 1976 eine Wiederauffüllung mit Erdaushub, Bauschutt, Hausmüll und Abfällen der chemischen-pharmazeutischen Industrie. Verfüllt wurde die Grube durch ortsansässige Industriebetriebe, Müllfuhrunternehmen und die Gemeinde.
 
Die Kesslergrube, unmittelbar am Hochrhein gelegen, erstreckt sich auf eine Fläche von ca. 48.000 m² und weist ein Ablagerungsvolumen von ca. 290.000 m³ auf. Die Auffüllungstiefen liegen im Durchschnitt bei 6 m, maximal bei 13 m. 75 % der Fläche ist heute Brachfläche, die restlichen 25 % sind mit Industriegebäuden und einer Kläranlage, die durch die Gemeinde Grenzach-Wyhlen und die ansässige Industrie gemeinsam genutzt wird, überbaut. Das Grundwasser unterhalb der Grube ist durch industrielle Stoffe wie Chlorbenzole, aromatische Amine oder Ammonium belastet. Der unmittelbare Abstrom des kontaminierten Grundwassers im Bereich der Kesslergrube wird durch den Betrieb eines Abwehrbrunnens abgefangen. Damit ist gewährleistet, dass ein Übertritt von belastetem Grundwasser in den Rhein verhindert wird. Im weiteren Abstrom der Kesslergrube befindet sich keine Trinkwassernutzung, eine unmittelbare Gefährdung für die Bevölkerung besteht somit nicht. Die Altlastenbewertungskommission des Landes Baden-Württemberg  hat im Juli 2011 festgestellt, dass die Grube sanierungsbedürftig ist.
 
 
Stand der Sanierungsplanung
 
Die beiden Industriefirmen Roche Pharma AG Grenzach und BASF Grenzach GmbH tragen die Sanierungskosten. Die Roche Pharma AG Grenzach übernimmt dabei die Sanierung des westlichen Teils der Grube, die BASF Grenzach GmbH den östlichen Teil (s. Lageplan in der Anlage). Die Unternehmen hatten zwei Ingenieurbüros damit beauftragt, mögliche Sanierungsvarianten auszuarbeiten und diese auf ihre Tauglichkeit hinsichtlich der Kriterien Eignung, Wirksamkeit, Effektivität und Umweltverträglichkeit darzustellen. Die Firma Roche hat entschieden, den westlichen Teil der Kesslergrube (Perimeter 1, ca. 12.000 m²) vollständig auszuheben und das Aushubmaterial extern zu entsorgen. Ca. 120.000 m³ belasteter Boden sollen dabei im Schutz einer Zelthalle ausgebaggert und zu spezialisierten Entsorgungsanlagen transportiert werden. Teile des sanierungsbedürftigen nördlichen Bereichs (Perimeter 3 ca. 8.000 m³) werden ebenfalls von Roche ausgehoben und entsorgt. Die Grube soll anschließend wieder mit sauberem Erdmaterial verfüllt werden.
 
Nach aktueller Einschätzung wird die Sanierung mindestens sechs Jahre dauern. Die Sanierungskosten des Vollhaushubs belaufen sich auf ca. 250 Mio. Euro. Am 30.04.2014 hat die Firma Roche den Sanierungsplan beim Landratsamt offiziell eingereicht. Das Landratsamt wird den Plan demnächst offenlegen und berührte Behörden, Verbände und Private anhören. Bis Ende August, so die Zeitplanung des Landratsamts, ist mit der  Sanierungsentscheidung unter Berücksichtigung der eingehenden Anregungen aus der Öffentlichkeitsbeteiligung zu rechnen.
 
Der östliche BASF-Flächenanteil (Perimeter 2, ca. 28.000 m²) ist zu etwa zwei Drittel durch In-dustriegebäude und die industrielle/kommunale Kläranlage überbaut, zudem verlaufen wichtige Versorgungsleitungen im Untergrund. Die BASF plant diesen Teil der Grube komplett durch eine 800 m lange, 20 bis 30 m tiefe und 1 m dicke unterirdische Dichtwand sowie eine Oberflächenabdichtung bei Sanierungskosten von ca. 15 Mio. Euro einzuschließen. Zusätzlich sollen in der Grube dauerhaft Pumpbrunnen installiert werden. Mit diesen wird unter anderem sichergestellt, dass von der Sohle der Umschließung einströmendes Grundwasser abgepumpt und einer Reinigungsanlage zugeführt wird. Durch den dauernden Pumpbetrieb und das sich ausbildende Potenzialgefälle (Grundwasserstand innen niedriger aus außen) kann kein belastetes Grundwasser austreten. Damit wird sichergestellt, dass keine Schadstoffe ins umgebende Grundwasser gelangen können.
 
Nach Fertigstellung der Sanierungsarbeiten, für die etwa zwei Jahre benötigt werden, ist ein umfangreiches Überwachungsprogramm vorgesehen, um die Dichtigkeit regelmäßig zu überprüfen. Diese „Einkapselung“ für den  Perimeter 2 als eine geeignete, wirksame und effektive Sanierungsvariante war Ergebnis einer umfangreichen Variantenuntersuchung, die BASF im Zuge der Sanierungsplanung in Auftrag gegeben hatte. Am 13. Mai hat nun auch die BASF offiziell den Sanierungsplan mit der Variante Einkapselung  eingereicht. Unabhängig von der internen Prüfung des Landratsamtes wird – analog dem Roche-Verfahren – die Offenlage und die Öffentlichkeitsbeteiligung demnächst anlaufen.
 
 
Kritische Öffentlichkeit
 
Bei der Sanierung Kesslergrube gibt es kritische Stimmen von Seiten des Gemeinderats und der Umweltorganisationen gegen die Sanierungsvariante „Einkapselung der Altlast“ durch die BASF. Besonders  intensiv wendet  sich die  Bürgerinitiative „Zukunftsforum Grenzach-Wyhlen“ gegen die BASF-Variante „Einkapselung“, vor allem mit dem Argument, diese Variante sei nicht nachhaltig, nur ein Totalaushub sei der richtige Weg, den Perimeter 2 zu sanieren.
Diese Kritik aus der Öffentlichkeit aufgreifend, hat das Landratsamt in Abstimmung mit der Gemeinde, der BASF und der Bürgerinitiative vorgeschlagen, die Varianten Aushub und Einkapselung unter dem Aspekt Nachhaltigkeit zu untersuchen.
 
 
Nachhaltigkeitsgutachten
 
Das Ergebnis des Gutachtens liegt seit Anfang Mai vor. Der Gutachter hat sehr detailliert insgesamt 29 Kriterien in den 3 Nachhaltigkeitskategorien Umwelt, Wirtschaft und Gesellschaft betrachtet und kommt zum Ergebnis, dass beide Varianten wesentliche Kriterien der Nachhaltigkeit erfüllen. Im Gesamtergebnis  kommt der Gutachter zur Bewertung, dass der Aushub nachhaltiger als die Einkapselung ist. Der Gutachter hat allerdings auch ein Szenario „andere gutachterliche Einschätzung“  betrachtet, bei welchem er 3 diskussionswürdige Kriterien als gleich nachhaltig annimmt. Bei diesem Szenario ergibt sich dann ein Gleichstand der Varianten Aushub  und Einkapselung.
 
 
Einschätzung des Landratsamts / weitere Schritte
 
„Auch wir als Fachbehörde sehen den Wert des Gutachtens als wichtige Entscheidungshilfe an“, so Dr. Lutz, Fachbereichsleiter Umwelt im Landratsamt. „Auch wir teilen die Auffassung des Gutachters, dass beide Varianten wesentliche Aspekte der Nachhaltigkeit aufweisen, auch wenn wir bei dem einen oder anderen Kriterium die Einschätzung des Gutachters nicht teilen“, so Lutz. Mit dem Gutachten setzt sich aktuell auch die Altlastenbewertungskommission des Landes auseinander, Mitglieder sind neben dem Landratsamt Fachleute des Regierungspräsidiums und der Landesanstalt für Umwelt in Karlsruhe. In der nächsten Kommissionssitzung wird insofern nochmals darüber beraten.
 
 
Rechtliche Beurteilung
 
Nach rechtlicher Beurteilung sind die beiden Sanierungsvarianten gemäß § 4 Abs. 3 Bundes-Bodenschutzgesetz (BBodSchG) als gleichwertig anzusehen, sofern „dauerhaft keine Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für den einzelnen oder die Allgemeinheit entstehen“. Das Ziel von Sanierungen von Altlasten ist die Gefahrenabwehr. Hierzu  sind deshalb sowohl  Dekontaminations- auch Sicherungsmaßnahmen, also Aushub und Einkapselung, geeignet, sofern damit eine  effektive und dauerhalte Ausbreitung der Schadstoffe langfristig verhindert werden kann. Deshalb hat die Altlastenbewertungskommission des Landes Baden-Württemberg  am 01.03.2013 bereits bestätigt, dass beide Varianten zielführend, rechtmäßig und genehmigungsfähig sind. Sicherungsmaßnahmen wurden in Baden-Württemberg schon mehrfach erfolgreich umgesetzt wie die Sanierungsbeispiele „Sondermülldeponie Malsch“ bei Heidelberg oder die „Metallhütte Fahlbusch“ in Rastatt belegen.