Pressemitteilung

60 Jahre Flurneuordnung in den Landkreisen Lörrach und Waldshut


Das Flurbereinigungsamt Säckingen wurde am 1. April 1956 als letzte von 24 Flurbereinigungsbehörden in Baden-Württemberg gegründet. Damals stand in Deutschland als primäres agrarpolitisches Ziel die Sicherung der Ernährung im Vordergrund. Die Flurbereinigung war zu jener Zeit eine fast ausschließlich landwirtschaftlich orientierte Maßnahme. Heute ist die Flurneuordnung eine der wichtigsten agrarstrukturellen Maßnahmen zur Verbesserung der Produktions- und Arbeitsbedingungen in der Land- und Forstwirtschaft. Sie fördert gleichzeitig die allgemeine Landeskultur und die Entwicklung der ländlichen Gemeinden. Man geht selbstverständlich behutsam mit der Landschaft und der Natur um. Stets wird der Kompromiss zwischen Ökonomie und Ökologie gesucht. Seit etwa zwei Jahren ist in jeder Flurneuordnung vor der Anordnung der Nachweis zu erbringen, dass nach der Durchführung des Verfahrens ein sogenannter „ökologischer Mehrwert“ vorhanden sein wird. Auch können reine Naturschutzmaßnahmen durch eine Flurneuordnung bodenordnerisch begleitet und umgesetzt werden.
Mit zunächst 16 Mitarbeitern Ende 1956 wurde der Dienst in der Villa Bally in Bad Säckingen aufgenommen. 1966 wurden die Räume in der Hauensteinstraße 14 zunächst angemietet und später vom Land Baden-Württemberg erworben. Aufgrund des stetigen Aufgabenzuwachses beschäftigte das Amt Mitte der 80-er Jahre bereits über 70 Personen.
Ein gravierender Einschnitt erfolgte zum 1.1.2005 durch die große Verwaltungsreform, als je ein Grundteam von 14 Personen in die Landratsämter Lörrach und Waldshut eingegliedert wurden; die anderen mehr als 20 Personen blieben beim Land und in Bad Säckingen beschäftigt. Die Aufteilung in zu kleine Einheiten machte sich schnell negativ bemerkbar. Nach der Evaluierung der Verwaltungsreform gründeten die beiden Landkreise Lörrach und Waldshut zum 1.1.2009 die erste Gemeinsame Dienststelle in Baden-Württemberg für die Flurneuordnung - nun wieder komplett in Bad Säckingen.
Die geleistete Arbeit über 60 Jahre kann sich sehen lassen. So wurden seit der Amtsgründung etwa 120 Flurneuordnungsverfahren abgeschlossen; derzeit sind weitere 13 in Bearbeitung. In diesen Verfahren wurden rund 2.200 km neue Wege für die Land- und Forstwirtschaft angelegt. Viele dieser Wege dienen heute vor allem auch den Erholungssuchenden in Natur und Landschaft. Diese Baumaßnahmen brachten ein Auftragsvolumen von rd. 90 Mio. € mit sich, was insbesondere den Betrieben und Firmen aus der Region zu Gute kam.
Für den öffentlichen Bedarf konnten in den einzelnen Planungsbereichen gezielt ca. 500 ha Fläche bereitgestellt werden; davon rd. 400 ha für Straßenbaumaßnahmen (z.B. A 98). Auch die Leistungsbilanz für  Naturschutz- und Landschaftspflege läßt sich sehen: Rund 500 Hektar  konnten durch die Entflechtung der landwirtschaftlich genutzten Flächen und der Naturschutzflächen für diese Zwecke gesichert werden. Daneben wurden zusätzlich rd. 50 km Reihenpflanzungen und 50 ha flächige Pflanzungen angelegt. Seit 1985 wurden in freiwilligen Obstbaumpflanzaktionen zur Erneuerung der Streuobstbestände rd. 38.000 Obstbäume an interessierte Grundstückseigentümer ausgegeben. Hierdurch hat eine kräftige Verjüngung des überalterten Streuobstbestandes stattgefunden. Für kommunale Zwecke, wie Sport- und Erholungsanlagen, Rastplätze, Wanderparkplätze, Wanderwege u. ä. wurden ca. 180 ha Fläche ausgewiesen. An den bisher bearbeiteten Neuordnungsverfahren waren ca. 28.000 Grundstückseigentümer mit rd. 250.000 Grundstücken beteiligt. Große Betriebe durften eine durchschnittliche Zusammenlegung von neun in die Flurneuordnung eingebrachten Grundstücken zu einem einzigen großen, wertgleichen Grundstück erwarten. Aber auch kleinere Eigentümer sind oft an einer Zusammenlegung weniger Grundstücke interessiert.
Zu den originären Aufgaben der Flurneuordnung gesellten sich im Laufe der Jahre auch neue Arbeitsschwerpunkte. So konnten beim sogenannten „Ländlichen Wegebau“ von 1988 bis 1994 neunzig Wegebauprojekte in 37 Gemeinden betreut werden. Weiterhin wurde die „Dorfentwicklung“ viele Jahre lang über die Flurneuordnung gefördert und es entstanden Vorzeigeorte wie Görwihl oder Dogern. Die „landwirtschaftlichen Förderprogramme“ wurden seit Ende der 80-er Jahre vermessungstechnisch zunächst nur von den Flurneuordnungstechnikern unterstützt, bis nach der großen Verwaltungsreform ab 2005 bei den Landratsämtern die Vermessungsämter diese Aufgaben zum Großteil übernahmen.
Die Nachfrage nach Flurneuordnungsverfahren ist ungebrochen hoch. Im Wald führt die Kleinparzellierung und die häufig fehlende Erschließung immer mehr zu Anfragen nach einer Flurneuordnung, insbesondere im Landkreis Waldshut. In vielen früher schon einmal flurbereinigten Gebieten spricht man heute davon, neue Strukturen zu schaffen, weil die alten bereits wieder von der Technik überholt wurden.
Die Flurneuordnung ist eine Strukturverbesserungsmaßnahme und bringt hohe Zuschüsse von der EU, vom Bund, vom Land und vom jeweiligen Landkreis in die ländlichen Gemeinden. Alleine deshalb ist sie dort sehr willkommen. Als moderne Dienstleistungsverwaltung, die sich wechselnden Anforderungen erfolgreich stellt, bleibt die Flurneuordnung auch zukünftig gefragt.