Pressemitteilung

Wasserkraft und Ökologie ins Gleichgewicht bringen


Seit 1993 wird der Weltwassertag am 22. März eines jeden Jahres begangen. Er ist Ergebnis der UN-Weltkonferenz über Umwelt und Entwicklung 1992 in Rio de Janeiro und wurde von der UN-Generalversammlung per Resolution am 22. Dezember ausgerufen. Mit dem Weltwassertag sollen Politik und Gesellschaft für die Bedeutung des Wassers als wichtigste Lebensgrundlage der Menschheit sensibilisiert werden. Ging es die letzten Jahre um Themen wie „Wasser und Gesundheit“, „Wasser und Naturkatastrophen“ oder „Wasser und Nahrungssicherheit“, steht der diesjährige Tag des Wassers unter dem Motto „Wasser und Energie“. In Zusammenhang mit dem gesellschaftspolitischen „Top-Thema“ Energiewende spielt Wasser in Zusammenhang mit Energie selbstverständlich auch im Dreiländereck und im Landkreis Lörrach eine bedeutende Rolle.
 
Die Rolle der Wasserkraft im Landkreis Lörrach
Die Energie des Wassers wird seit über 100 Jahren auch im Landkreis Lörrach intensiv genutzt. Die Großwasserkraftwerke an beiden Seiten des Hochrheins waren Ursprung für die industrielle Entwicklung der Region und spielen bis heute eine wesentliche Rolle für die Stromversorgung im Raum. Der Bau des neuen Rheinkraftwerks in Rheinfelden mit einer installierten Leistung von 100 Megawatt gilt wegen der umfangreichen Ausgleichsmaßnahmen für das Gewässer und die Natur als Meilenstein einer ökologisch verträglichen Wasserkraftnutzung. Aber auch an kleinen Gewässern wurde und wird die Wasserkraft genutzt: Die rund 90 Kleinwasserkraftanlagen an Wiese, Kander und deren Nebengewässern verfügen über eine installierte Leistung von zirka 12 Megawatt. Damit können etwa 15.000 Haushalte versorgt werden – vorausgesetzt, es ist ein regenreiches Jahr und die Gewässer führen ausreichend Wasser.
 
Starke Belastung durch Wasserkraft rückt zunehmend in den Blick
Wasserkraftnutzung gilt allgemeinhin als ökologisch verträglich, Strom aus Wasserkraft wird von Seiten der Wasserkraftbetreiber oft als „grüner“ Strom, als „Energie aus der Natur“  angepriesen. Dass die Nutzung von Wasserkraft auch ökologisch nachteilig sein kann, rückt aber zunehmend in den Blickpunkt. Vor allem Gewässer- und Naturschutzschützer sowie Vertreter aus den Bereichen Tierschutz und Fischerei wenden sich immer mehr gegen neue Wasserkraftprojekte oder weisen auf ökologische Defizite an bestehenden Anlagen hin. Ihre Argumente sind oftmals tatsächlich stichhaltig und nachvollziehbar: Wasserkraftanlagen unterbrechen die Durchgängigkeit von Fließgewässern, die nicht nur für Fische etwa bei der Laichwanderung, sondern auch für andere Wasserorganismen wichtig ist. Hinzu kommt, dass sie mit ihren Staubereichen monotone, oft verschlammte, ökologisch minderwertige Gewässerbereiche schaffen. Sie unterbinden den natürlichen Geschiebetransport, also den natürlichen Transport von Sand, Kies und Geröll im Gewässer durch die Schleppkräfte des Wassers. Diese Geschiebe sind wiederum essenziell für die Vermehrungszyklen von Fischen und anderen Wasserorganismen. Und: Die Turbinen der Anlagen verletzen und töten zahlreiche Fische.
 
Wasserkraftanlagen unter ökologischen Gesichtspunkten optimieren
Andererseits lässt sich mit Wasserkraft CO2-neutral Strom produzieren. Und dass der CO2-Ausstoß möglichst minimiert werden muss, um eine weitere Klimaerwärmung mit den ökologischen Folgeschäden zumindest in bestimmten Grenzen zu halten, ist auch in der Politik angekommen. Wie also kann dieser Konflikt entschärft werden? Hier sind kluge Lösungen gefragt, was natürlich einfacher gesagt als getan ist. Ein Weg ist jedoch klar: Der Energieverbrauch muss minimiert und Energie effizienter eingesetzt werden, um möglichst wenig neue Kraftwerksbauten zu benötigen.
 
„Auf Wasserkraft kann und soll nicht verzichtet werden. Sie ist eine wesentliche und vor allem CO2-neutrale Stromerzeugungsform“, betont Dr. Georg Lutz, Leiter des Fachbereichs Umwelt beim Landratsamt Lörrach. „Wir bemühen uns seit einigen Jahren, bestehende Wasserkraftanlagen unter ökologischen Gesichtspunkten zu optimieren, die Durchgängigkeit für Fische und andere Wasserorganismen herzustellen und geeignete Habitate vor allem für die einheimischen Fischarten – an der Wiese auch für den ehemals heimischen Lachs – zu schaffen.“ Vieles, so Lutz, sei gemeinsam mit den Wasserkraftbetreibern erreicht worden, einiges aber noch zu tun. Auch neue Wasserkraftanlagen habe man die letzten Jahre mit Vorgaben zu ökologischen  Standards genehmigt. „Es zeichnet sich aber immer deutlicher ab, dass wir die Gewässer über die letzten hundert Jahre – auch durch Wasserkraftanlagen – in ihren Funktionen stark belastet, zum Teil sogar überlastet haben. Aktuelle Gewässerstrukturuntersuchungen und Monitoring-Ergebnisse zu Fischbestandslagen belegen dies“, so Lutz.
 
Das integrierte Energie- und Klimaschutzkonzept des Landes Baden-Württemberg sieht ebenfalls das Ausbaupotenzial der Wasserkraft im Wesentlichen in der Modernisierung und technischen Optimierung  bestehender Anlagen. Auch der Gesetzgeber hat die Belastungssituation der Gewässer erkannt und den zuständigen Wasserbehörden den Auftrag über die Europäische Wasserrahmenrichtlinie und die nationale Gesetzgebung erteilt, die Gewässer wieder in einen ökologisch guten Zustand zu bringen. Damit stehe laut Lutz noch ein „hartes Stück Arbeit“ bevor.