Pressemitteilung

Kleintiersterben in der Wiese




 
Landkreis Lörrach Im Juli dieses Jahres wurde im Zuge einer routinemäßigen Gewässergüteuntersuchung in der Wiese auf der Höhe von Steinen festgestellt, dass nahezu keine Kleinorganismen wie Krebse und Insektenlarven vorhanden sind, die am Gewässergrund normalerweise leben. Vermutet wird eine Einleitung von Giftstoffen, welche selektiv nur auf die am Gewässergrund lebenden Organismen (Makrozoobenthos) einwirken, da Fische offensichtlich nicht zu Schaden gekommen sind. Diese Kleinstlebewesen sind wesentliche Indikatorarten für Gewässerlebensräume und werden zur Bewertung der Gewässergüte herangezogen.
 
Im Juli wurde das Sachgebiet Wasser/Abwasser im Fachbereich Umwelt des Landratsamtes mit einem bisher noch nie dagewesenen Ergebnis konfrontiert: In der Wiese, auf der Höhe von Steinen und ein gutes Stück flussabwärts konnten nahezu keine lebenden Kleinorganismen  am Gewässergrund und in den Spalten zwischen den Steinen oder an Wasserpflanzen festgestellt werden. Dies war das Ergebnis einer biologischen Gewässergüteuntersuchung, die regelmäßig in der Wiese durchgeführt werden.
 
Das Landratsamt veranlasste daraufhin umfangreiche, weitere Gewässeruntersuchungen, um das ganze Ausmaß der Schädigung einzugrenzen. Die Ergebnisse zeigten eindeutig, dass das Schadensbild in Zell im Wiesental im Bereich der Einleitung des Regenüberlaufbeckens „Zell-Mitte“ bei der unteren Staustufe der Wasserkraftanlage Kaiser beginnt. Bis weit Wiese-abwärts wurde eine nahezu vollständige Schädigung festgestellt, erst im Bereich Brombach nimmt das Ausmaß ab, an der Landesgrenze zur Schweiz sind dann nur noch geringe Beeinträchtigungen feststellbar.
 
Nachdem der Schaden räumlich eingegrenzt war, beauftragte das Landratsamt Lörrach das Institut für Siedlungswasserbau, Wassergüte- und Abfallwirtschaft (ISWA) der Universität Stuttgart mit umfangreichen Untersuchungen von Sedimenten, von Wasserproben und von so genannten Sielhautproben (Proben aus Ablagerungen an Leitungen, Rohren, Becken). Trotz modernster Analytik konnte in keiner der Proben Hinweise oder gar Nachweise auf Stoffe gefunden werden, die ein solches Makrozoobenthos-Sterben ausgelöst haben könnten. Auch über entsprechende Analysendaten, die im Zuge der Trinkwasserüberwachung von den Industriellen Werken Basel in Bezug auf das Wiese-Uferfiltrat regelmäßig vorliegen, konnten keine entsprechenden Stoffe identifiziert werden. Insofern liegt der Schluss nahe, dass es sich nicht um eine kontinuierliche Einleitungen handelt, sondern um einmalige, eventuell auch mehrmalige, kurzfristige Schadstoffeinleitungen. Solche sind über im Nachgang erfolgte analytische Untersuchungen nur in den seltensten Fällen noch nachweisbar.
 
„Wir sind einigermäßen ernüchtert“, betont Ansgar Drost, Leiter des Sachgebiets Wasser / Abwasser des Landratsamts anlässlich der Untersuchungsergebnisse. „Wir hatten gehofft, über den enormen Untersuchungs- und Analytikaufwand die Ursache der Schädigung aufklären zu können. Auch die Überprüfung von Betrieben, die potenziell kritische Stoffe einsetzen, hat kein greifbares Ergebnis erbracht.“
 
Das Landratsamt wird die Situation der Makrozoobenthos über ein kontinuierliches biologisches Überwachungsprogramm in der Wiese verfolgen, um die hoffentlich bald eintretende Wiederbesiedlung der Gewässersohle mit Kleinlebewesen zu beobachten und um auf mögliche Schadstoffeinleitungen zeitnah reagieren zu können. Die Wiederbesiedelung erfolgt durch Drift aus dem Gewässeroberlauf und intakten Seitengewässern, sowie durch Insektenflug und Eiablage. Gleichzeitig wird ein Probenahmeprogramm  gestartet, bei welchem die Einleitungen im Bereich Zell – insbesondere die von Regenwasser – im Fokus stehen.
 
 
Hintergrund-Info
 
Makrozoobenthos
Als Benthos wird die Gesamtheit der im Benthal ("Gewässerboden") lebenden Organismen bezeichnet. Unter Makrozoobenthos werden hierbei die tierischen Organismen bis zu einer definierten Größe (mit dem Auge noch erkennbar) zusammengefasst. In dieser Gruppe sind häufig vertreten (Auswahl): Schwämme, Hohltiere, Krebse, Muscheln, Schnecken, Strudelwürmer, Egel und Insektenlarven (z.B.: Steinfliegenlarven, Köcherfliegenlarven, Eintagsfliegenlarven, Großflüglerlarven, Libellenlarven, Käfer und Käferlarven, Zweiflüglerlarven). Sie sind wesentliche Indikatorarten für Gewässerlebensräume und werden zur Bewertung der Gewässergüte herangezogen.